Vita

Michael Conradt kam erst mit 40 Jahren zur Philosophie. Bis dahin hatte er schon mehrere Berufsleben hinter sich, als Tageszeitungs-Redakteur, als PR-Berater und als Künstlermanager, unter anderem für Joan Baez, Peter Maffay und Trio. Im Zuge einer Midlife-Crisis mit Ehescheidung und Berufsaufgabe beschäftigte er sich zunächst mit Astrologie, Esoterik und Buddhismus, bis er schließlich die Philosophie für sich entdeckte. Er studierte Philosophie und Psychologie in München und promovierte anschließend in Tübingen bei Otfried Höffe über die Religionsphilosophie Immanuel Kants. 2002 gründete er das Institut für Angewandte Philosophie in Icking bei München, das im Herbst 2012 zum Zentrum Philosophie (ZP) erweitert wurde. Michael Conradt war zum zweiten Mal verheiratet. Aus erster Ehe stammen zwei erwachsene Kinder. Er starb am 16.05.2015.

Nachrufe

Michael Conradt gestorben

Aus der Philosophie leitete Michael Conradt Grundorientierungen für das Leben ab. Im Alter von nur 66 Jahren ist er nun einer Krebserkrankung erlegen.

Icking – In seinem philosophischen Denken hat Michael Conradt stets Lebensnähe angestrebt. Erst mit 40 Jahren wandte er sich der Philosophie zu, gründete 2002 das Institut für angewandte Philosophie in Icking, hielt Vorträge über Grundfragen des Menschseins und über philosophische Klassiker, die er einem breiten Publikum auch im Radio näher brachte. Nach einer Krebserkrankung ist Conradt am vergangenen Samstag im Alter von 66 Jahren gestorben.

Der Wahl-Ickinger begann seine berufliche Karriere als Journalist. Er war Redakteur bei der Rheinzeitung. Später arbeitete er als Pressesprecher für Ariola. Schließlich managte er namhafte Künstler wie Peter Maffay, Joan Baez und Mireille Mathieu. Eine Lebenskrise brachte Conradt dazu, sich mit philosophischen Fragen zu beschäftigen. Er studierte zehn Jahre lang und promovierte 1999 bei Otfried Höffe an der Universität Tübingen im Alter von 50 Jahren. 2012 gründete Conradt das Zentrum Philosophie. Diese Einrichtung wird nun geschlossen. Denn ohne das Herz des Zentrums könne der Betrieb leider nicht aufrecht erhalten werden, teilt sein Team auf der Internet-Homepage mit.

Bis vor rund einem Jahr hielt Conradt Vorträge an der evangelischen Stadtakademie in München. Sein Tod sei ein “tiefer Verlust”, sagt deren Leiterin, Pfarrerin Jutta Höcht-Stöhr. Sie habe wenige Menschen kennen gelernt, die so klug, präzise und lebensnah gewesen seien wie er. Aus der Philosophie habe Conradt Grundorientierungen für das Leben abgeleitet und einem großem Publikum vermittelt, sagt sie. Ebenso werde sie ihn als pflichtbewussten Menschen in Erinnerung behalten. Womöglich spiegle sich darin die Pflicht und Tugendethik eines Immanuel Kant, über dessen Religionsphilosophie Conradt einst promovierte, sagt Höcht-Stöhr.

Conradt habe zu den beliebtesten Referenten an der Stadtakademie gehört, sagt die Pfarrerin. Darüber hinaus war er unter anderem Kirchenvorsteher der evangelischen Kirchengemeinde St. Matthäus in München. In der Sendung radioWissen, die im Bayerischen Rundfunk auf Bayern 2 zu hören ist, brachte Conradt in regelmäßigen Beiträgen philosophische Themen und Denker dem Publikum nahe.

Nachruf der Süddeutschen Zeitung am 20. Mai 2015

Dr. Michael Conradt gestorben – Ein Nachruf

„Der Tod ist groß. Wir sind die Seinen lachenden Munds. Wenn wir uns mittem im Leben meinen, wagt er zu weinen mitten ins uns.“ – Rainer Maria Rilke

„Nun instrumentalisieren Sie man nicht gleich alles! Lassen Sie sich doch erst mal selbst drauf ein!“ Ich weiß noch, wie ich leicht angesäuert dachte, na, das kann ja heiter werden mit dem. Dem, das war Dr. Michael Conradt, und das, das waren gut 2 1/2 Jahre, in denen er mir die Klassiker der Philosophie, die Großen Philosophinen und Grundlegendes zu den Grundfragen des Menschseins näher gebracht hat. Dass er erkrankt war, wusste ich. Gestern las ich auf seiner Homepage Zentrum Philosophie, dass er Mitte Mai mit 66 Jahren verstorben ist.

Ich fand ihn bzw. seine Angebote im Web, als ich mich gerade mühselig mit Hilfe der Lebenskunst-Bücher eines anderen Philosophen; Wilhelm Schmid, aus einer tiefen Coach-Identitätskrise herausgearbeitet hatte – und auf der Suche nach Ersatz für den lieben Gott war, den ich ‚unterwegs‘ irgendwie verloren hatte.

Er war spätberufener Philosoph. Ich war spätberufener Coach. Das verband uns vom ersten Moment an: Die Erfahrung, dass Lebenskrisen das Leben radikal verändern können; die Suche nach tragenden Konzepten, die einen in der Tiefe und im Leben weitertragen. Ich habe ihn als sehr besonnenen Menschen kennengelernt, der jeden ermutigte, jede, wirklich jede noch so ‚dumme‘ Frage zu stellen, die er stets knapp, präzise, geduldig beantwortete, als sei sie die allerwichtigste auf der Welt.

Das war ihm wichtig: Er vermittelte Wissen; er wollte niemanden bekehren, belehren, überzeugen. Seine Kunst und sein Verdienst bestand darin, Wissen so aufzubereiten, dass jedermann und jede Frau die Chance hatte, die Grundlagen der Philosophie und des Philosophierens und die Kerngedanken der Philosophen zu verstehen. Erst viel später kapierte ich, was er, der aus dem Marketing kam, mir mit dem o.g. Satz hatte sagen wollen: Wissen erst mal in mich einsacken zu lassen, es zu ‚verdauen‘, es zu Meinem machen, in mein Denken, Fühlen, Handeln integrieren, sonst bleibt es bloße ‚Nutzen-Ware‘.

Auf meine Frage, ob er persönlich noch an einen personalen Gott glaube, antwortete er, ernsthaft und selbstironisch wie immer: Wahrscheinlich sei er im landläufigen Sinne schizophren: Morgens würde er, ganz Skeptiker, an den Philosophengott glauben; abends würde er kindlich-naiv-vertrauensvoll zum lieben Gott beten. So habe ich ihn kennengelernt: ernsthaft, bescheiden, besonnen, freundlich, geduldig, respektvoll, verbindlich in seiner ganzen Art.

Ich habe viel von ihm gelernt. Über die Philosophen, übers Denken, von seiner ganzen Art, wie er mit Menschen und Fragen und mit Menschen mit Fragen umging.

Du warst mir ein guter Lehrer, lieber Dr. Conradt. DANKE.

Nachruf von Maria Ast vom 1. Juli 2015 auf www.maria-ast.de

Dr. Michael Conradt

Philosophie als Lebenshilfe – Dr. Mchael Conradt im Alter von 66 Jahren verstorben

Icking/München – Dr. Michael Conradt wollte stets das Licht der Philosophie in seinem Leben weitertragen. 2002 gründete er das Institut für angewandte Philosophie in Icking, das im Herbst 2012 zum Zentrum Philosophie (ZP) erweitert wurde. Er hielt Vorträge über Grundfragen des Menschseins sowie über philosophische Klassiker. Nach langer schwerer Krankheit ist der Wahl-Ickiner am vergangenen Samstag im Alter von 66 Jahren verstorben. “Ohne das Herz des Zentrums kann der Betrieb leider nicht aufrecht erhalten werden. Das Zentrum Philosophie wird deshalb geschlossen”, heißt es auf der Internet-Hompage des Instituts.

Michael Conradt kam erst mit 40 Jahren zur Philosophie. Bis dahin hatte er schon mehrere Berufsleben hinter sich, als Tageszeitungs-Redakteur, als PR-Berater und als Künstlermanager, unter anderem für Joan Baez, Peter Maffay und Trio. Im Zuge einer Midlife-Crisis mit Ehescheidung und Berufsaufgabe beschäftigte er sich zunächst mit Astrologie, Esoterik und Buddhismus, bis er schließlich die Philosophie für sich entdeckte. Er studierte Philosophie und Psychologie in München und promovierte anschließend in Tübingen bei Otfried Höffe über die Religionsphilosophie von Immanuel Kant.

Darüber hinaus war Dr. Michael Conradt stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums und einer der “beliebtesten und geschätztesten” Referenten der evangelischen Stadtakademie München. Über viele Jahre hat er Kurse zu den “Klassikern der Philosophie” sowie zu den “Grundfragen des Menschseins” angeboten. Sein Interesse war nicht die Philosophie allein als akademisches Fach, sondern die Philosophie als Lebenshilfe, sagt die Leiterin Jutta Höcht-Stöhr. Kein schneller Ratgeber, sondern ein Denken in einem weiteren Horizont, der das eigene Leben neu verortet und dadurch nachhaltig verändert. Durch sein Zentrum für Philosophie in Icking, durch Vorträge, Kurse und Rundfunkbeiträge hat Conradt eine breite Wirksamkeit entfaltet.

Seine Erkrankung wurde Anfang 2010 diagnostiziert. Die Zeit zwischen den Behandlungen habe er intensiv erlebt und genossen. Im April 2014 führte er mit Eckhard Frick, Professor für Spiritual Care an der LMU, in der Stadtakademie ein Gespräch zum Thema “Vom Trost der Philosophie – und des Glaubens”, in dem er die Erfahrungen seiner Krankheit mit seinen philosophischen Einsichten vermittelte. Es zeichne ihn aus, dass er über diese persönlichen Fragen mit philosophischer Reflexion sprechen konnte.

Nachruf im Münchner Merkur Landkreis Bad Tölz, am 22.05.2015